5 psychologische Schlüsselprinzipien im UX/UI-Design
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Als UX/UI-Designer:innen ist es unser Ziel, intuitive und nutzerfreundliche Anwendungen und Produkte zu entwickeln. Um dies zu erreichen, kann es hilfreich sein, bestimmte psychologische Prinzipien zu beachten, die als eine Art Leitsystem im Design fungieren. Im Folgenden werden fünf dieser Prinzipien und ihre Bedeutung für das UX-Design näher erläutert.
Der ästhetische Usability-Effekt
Der ästhetische Usability-Effekt besagt, dass Nutzer:innen ästhetisch ansprechendes Design oft als insgesamt nutzerfreundlicher wahrnehmen. Untersuchungen, die erstmals 1995 von Masaaki Kurosu und Kaori Kashimura durchgeführt wurden, haben ergeben, dass Menschen kleinere Usability-Probleme eher tolerieren, wenn das Design der Anwendung oder des Produkts visuell ansprechend ist. Im Konkreten bedeutet dies, dass ein optisch ansprechendes Design Usability-Probleme überdecken und sogar verhindern kann.
Nehmen wir zum Beispiel eine Website, die ein visuell ansprechendes Design mit gut organisiertem Inhalt, abgestimmten Farben und moderner Typografie beinhaltet. Selbst wenn diese Website einige Nutzungsprobleme aufweisen sollte, werden Nutzer:innen diese Probleme wahrscheinlich eher übersehen, weil sie von der Gesamt-Ästhetik der Website so angetan sind.
Auf der anderen Seite kann eine Website mit schlechtem Design, das unübersichtlich ist und einen überladenen Inhalt aufweist, Nutzer:innen schnell abschrecken, selbst wenn die Website eine ausgezeichnete Benutzerfreundlichkeit aufweist.
Ein konkretes Beispiel für den Effekt der ästhetischen Usability findet sich im Bereich des Produktdesigns. Bei Produkten, die klar, einfach und visuell ansprechend gestaltet sind, steht die Funktionalität im Vordergrund, aber die Ästhetik ist entscheidend für das Interesse der Nutzer:innen.
Hick’sches Gesetz
Das Hick’sche Gesetz besagt, dass die Zeit, die man braucht, um eine Entscheidung zu treffen, mit der Anzahl und Komplexität der Wahlmöglichkeiten zunimmt. Mit anderen Worten: Je größer die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten, desto mehr Zeit wird für die Entscheidungsfindung benötigt, wobei die Zeit logarithmisch zunimmt.
Ein gutes Beispiel für das Hick’sche Gesetz ist die Gestaltung von Listen. Wenn Nutzer:innen eine zu lange Liste von Elementen präsentiert wird, kann dies überfordernd wirken und zu einer “Entscheidungslähmung” führen. Um dem entgegenzuwirken, können Designer:innen lange Listen in kleinere Abschnitte unterteilen oder Filteroptionen hinzufügen, damit Nutzer:innen schneller finden, wonach sie suchen.
Ein anderes Beispiel ist das Design der Fernbedienung. Eine herkömmliche Fernbedienung mit vielen Knöpfen kann unübersichtlich und schwer zu bedienen sein. Eine modernere und übersichtlichere Fernbedienung, wie die von Apple TV oder Roku, hat dagegen nur wenige Tasten und ist viel einfacher zu bedienen.
Der Von-Restorff-Effekt
Der Von-Restorff-Effekt, auch bekannt als Isolationseffekt, besagt, dass bei mehreren ähnlichen Objekten dasjenige, das sich von den anderen unterscheidet, am ehesten in Erinnerung bleibt. Dieser Effekt lässt sich beispielsweise bei der Gestaltung von Call-to-Actions (CTAs) und Benachrichtigungen beobachten.
Wenn zum Beispiel alle Buttons auf einer Website blau sind, mit Ausnahme des CTA-Buttons, der leuchtend orange ist, werden sich die Nutzer:innen eher an den orangefarbenen Button erinnern und ihn anklicken. Ähnlich verhält es sich, wenn Nutzer:innen Benachrichtigungen erhalten: Diejenige mit einem leuchtend roten Button wird eher wahrgenommen und angeklickt.
Ein weiteres Beispiel für den Von-Restorff-Effekt in der Gestaltung ist die Verwendung von Hierarchien. Indem wir bestimmte Elemente größer darstellen als andere, können wir die Aufmerksamkeit der Betrachter:innen auf bestimmte Elemente lenken. Dies kann dazu beitragen, dass die wichtigsten Elemente unseres Designs im Gedächtnis bleiben und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
In der Umsetzung ist es für uns Designer:innen jedoch wichtig, den Von-Restorff-Effekt subtil einzusetzen, damit er nicht mit anderen visuellen Elementen konkurriert. Wenn jedes Element in unserem Design zu auffällig ist, kann es dazu führen, dass das Design unangenehm oder unübersichtlich wirkt und die Betrachter:innen abschreckt. Daher ist es wichtig, ein Gleichgewicht zu finden, um sicherzustellen, dass die Elemente, die wir betonen möchten, hervorstechen, aber dennoch in das Gesamtdesign passen.
Der serielle Positionseffekt
Hinter dem seriellen Positionseffekt verbirgt sich ein Phänomen des Erinnerungsvermögens, bei dem die Position eines Elements innerhalb einer Sequenz die Erinnerungsqualität beeinflusst. Elemente am Anfang und am Ende einer Liste werden tendenziell besser erinnert als solche in der Mitte, was als Primacy- bzw. Recency-Effekt bekannt ist. Als Designer:innen nutzen wir dieses Wissen oft zu unserem Vorteil, indem wir wichtige Informationen an den Anfang und das Ende einer Abfolge stellen.
Ein Beispiel hierfür ist die Verwendung der Navigationsleiste am unteren oder oberen Rand in mobilen Anwendungen, bei der wichtige Benutzeraktionen jeweils auf der linken oder rechten Seite positioniert werden.
Auch die Art und Weise, wie Apple seine AirPods vertreibt, ist ein Beispiel: Der Hauptgrund, das Produkt zu kaufen, wird am Anfang der Landing Page kommuniziert, weniger wichtige Informationen in der Mitte und der Aufruf zum Handeln am Ende.
Durch Einbeziehung des seriellen Positionseffekts in das Design können wichtige Informationen besser im Gedächtnis der Nutzer:innen verankert werden. Als Designer:innen ziehen wir es dabei in Betracht, unwichtige Elemente in der Mitte von Auflistungen zu platzieren, da diese Elemente tendenziell weniger häufig im Langzeit- und Arbeitsgedächtnis gespeichert werden. Außerdem kann die Positionierung von zentralen Elementen, z. B. in der Navigation, ganz links und rechts das Erinnerungsvermögen erhöhen. Durch das Verständnis dieses Effekts können wir effektivere und einprägsamere Nutzererlebnisse schaffen.
Das Gesetz der Nähe
Das Gesetz der Nähe ist ein Prinzip im Bereich des Designs, welches erklärt, wie nahe beieinander liegende Objekte als miteinander in Beziehung stehend wahrgenommen werden. Es wurde erstmals 1910 vom Psychologen Max Wertheimer beobachtet. Das Gesetz der Nähe ist eines der Prinzipien der Gestaltpsychologie, die eine Reihe von Beschreibungsprinzipien darüber umfasst, wie wir visuell Objekte wahrnehmen.
Im Bereich des grafischen Designs findet das Gesetz der Nähe in vielen Bereichen Anwendung, einschließlich der Trennung durch Weißraum, dem Zusammenfassen von verwandten Elementen und der Platzierung von Werbeanzeigen. Zum Beispiel kann Weißraum verwendet werden, um Formen in unterschiedliche Gruppierungen zu trennen, während das Zusammenfassen von verwandten Feldern das Ausfüllen von Formularen erleichtert.
Was die Anzeigenplatzierung betrifft, so können weit voneinander entfernte Elemente leicht übersehen werden, weshalb es wichtig ist, Elemente, die Nutzer:innen sehen müssen, nahe beieinander zu platzieren. Das Prinzip der Nähe hilft dabei, eine Beziehung zwischen nahe beieinander liegenden Objekten herzustellen und erleichtert es Nutzer:innen, Informationen effizient zu verstehen und zu organisieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gesetz der Nähe ein wichtiges Prinzip im grafischen Design ist, das genutzt werden kann, um Designs effektiver und nutzerfreundlicher zu gestalten. Es hilft dabei, Beziehungen zwischen nahegelegenen Objekten herzustellen, wobei davon ausgegangen wird, dass Elemente, die sich in unmittelbarer Nähe befinden, ähnliche Funktionen oder Eigenschaften aufweisen, und es hilft den Nutzer:innen, Informationen schnell zu verstehen und zu organisieren.
Schlussfolgerung
Die fünf psychologischen Prinzipien, die in diesem Artikel besprochen wurden – ästhetische Usability-Effekt, das Hick’sche Gesetz, der Von-Restorff-Effekt, der serielle Positionseffekt und das Gesetz der Nähe – sind nur einige Beispiele für die vielen Prinzipien, die wir als UX/UI-Designer:innen nutzen können, um intuitive und anwenderorientierte Systeme und Erfahrungen zu entwickeln. Indem wir diese Grundsätze im Hinterkopf behalten, lassen sich Produkte entwerfen, die nicht nur visuell ansprechend, sondern auch nutzerfreundlich und einprägsam sind.